Zurück aus Kapstadt mit dem Airbus 340-600

2 Tage Kapstadt gehen zu Ende. Eine traumhafte Gegend, die wirklich zu den schönsten Flecken der Welt zählen würde, wäre die Kriminalität und die Armut nicht so präsent.
Wie dem auch sei, für uns stand der Rückflug an. Der Flieger kam pünktlich aus Frankfurt und knapp 1h vorm planmäßigen Abflug waren wir im Flieger. Parallel zum Einsteigen der Gäste wurden die Vorbereitungen für den Flug getroffen. Unter anderem wurde der Flugplan mit aktuellen Winden in den verschiedenen Höhen eingegeben, die Takeoff-Performance ausgerechnet und die Departure besprochen.
In Kapstadt ist es nicht unüblich, dass man, bei Wunsch, einen Sightseeing Abflug in südliche Richtung bekommt und die Passagiere (und die Crew natürlich) sich das Kap der guten Hoffnungen noch einmal von oben ansehen können.
Der Wetterbericht für Frankfurt sagte für morgen früh tief hängende Wolken, eine Temperatur von knapp 5 Grad und eine 30%ige Chance für dicken Nebel (Sichtweiten von unter 400m) voraus. Daher entschieden wir uns gegen eine Departure um das Kap, da wir eventl. den Sprit für Frankfurt bräuchten.
capetownairportcrossing.jpgPünktlich rollten wir zur Bahn 19 und da es keinen Verkehr zu dieser Tageszeit gab starteten wir in südliche Richtung.
Direkt nach dem Start übernahm der Lotse die Kontrolle über unsere Richtung und gab uns einen Vektor von 300 (Flugrichtung 300 Grad). Das Wetter war super, die Sonne ging gerade unter und wir flogen direkt auf den Tafelberg zu. Wow, dachten wir, denn es war wunderschön.tablemountainturn.jpg
Als wir direkt über den Tafelberg waren, folgte ein weiterer Vektor von 030. Jetzt waren wir in einer Rechtkurve mit 25 Grad Bank und rechts unter uns sahen wir die Innenstadt von Kapstadt liegen. Wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr raus.capetowncity.jpg
2 Minuten später gab es einen erneuten Richtungswechsel, diesmal auf einen Kurs von 330 Grad. Wieder flogen wir mit einer Bank von 25 Grad und links unter uns lag Robben Island, die ehemalige Gefängnisinsel. Gerade als wir die Kurve ausleiteten sagte uns der Lotse in einem freundlichen Ton:
„Lufthansa 577, I hope you were happy with your vectors, proceed now back on your original routing and contact Capetown Radio on 126.88.” Wir antworteten: “Lufthansa 577, Roger, 126.88, back on original routing and thank you very much for this great vectors”.
Wie wir es schon vorher angenommen hatten, gab es die Vectors nur zum Sightseeing. Wenn das jedes Mal in der Welt so wäre. Einfach ein tolles Erlebnis.

Wie stiegen weiter auf eine Höhe von 36.000 Fuß und bereiteten uns für einen langen Flug vor. Von den fast 12h Flugzeit flogen wir fast 9h nur über Afrika und Wüste. Wie die Kommunikation und die Verfahren über Afrika funktionieren, habe ich hoffentlich im Bericht des Hinfluges verständlich beschrieben. Auch hier war es nicht wenig anderes aber genauso nervig.

Wie Nachts, und vor allem in Afrika, üblich, lässt man das Wetterradar mitlaufen, um eventuelle Gewitter frühzeitig zu sehen. Vorausgesagt waren zumindest keine relevanten Gewitter auf unserer Strecke.
Nach ca. 3h Flugzeit hörten wir andere Flugzeuge über Gewitter und schlimmen Turbulenzen berichten. Wir konnten auf unserem Wetterradar nix erkennen und flogen auf unserem Kurs weiter.
Eine halbe Stunde später sahen wir auf unserem Wetterradar einige Gewitter und änderten unseren Kurs, um das Gewitter zum umfliegen.gewitter.jpg Der Kabinencrew sagten wir Bescheid, dass es wohl möglich anfangen würde, zu wackeln. Darauf wurde kontrolliert, ob die Gäste angeschnallt waren, der Service vorerst eingestellt und den Passagieren eine erklärende Ansage gemacht.
Es dauerte zwei Minuten und obwohl wir uns knapp 60km von Gewitter entfernt waren, fing es kräftig an zu wackeln.
Dies dauerte knapp 1h und dann war der Spuk urplötzlich vorbei. Der Rest des Fluges lief sehr problemlos, aber Frankfurt sollte ja noch kommen.

Knapp 2h vor Frankfurt holten wir ein neues Wetter von Frankfurt und sahen, dass sich die 30%ige Chance von dickem Nebel auf eine 100%ige geändert hatte.
Da Verzögerungen bei solchem Wetter meist wahrscheinlich sind, entschieden wir uns, unsere Geschwindigkeit zu reduzieren und so Sprit zu sparen. Dies wurde ATC mitgeteilt und auch genehmigt.
Die Sicht in Frankfurt wurde mittlerweile mit 200m gemeldet, was also einen CAT III, einen automatischen Schlechtwetteranflug vorschrieb.
Bei Sichtweiten von unter 400 Meter waren früher keine Landungen mehr möglich. Mittlerweile können aber alle modernen Verkehrsflugzeuge bei solchen Wetterbedingungen automatische landen.
Knapp eine Stunde vor der Landung wurden wir von der Flugsicherung aufgefordert, unsere Geschwindigkeit zu reduzieren. Wir reduzierten noch einmal auf „Green Dot“. Das ist die kleinste fliegbare Speed ohne Klappen fahren zu müssen und daher auch die sparsamste. In diesem Fall lag sie bei ca. 220 Knoten.
Wider erwarten hab es kein Holding in Frankfurt, was wohl an der frühen Tageszeit (es war früh um 6h) liegen musste.
foggyfra.jpgDie Szenerie in Frankfurt sah beeindruckend aus. Es war in der Höhe von 4000 Fuß sternenklar und wir erkannten den dicken, aber tiefliegenden Bodennebel.
Die beleuchteten Wolkenkratzer von Frankfurt guckten mit Ihren Spitzen aus dem Bodennebel. Ein beeindruckendes Bild, was ich leider nicht so gut fotografieren konnte. Ich hoffe, die Faszination des Bildes kommt trotzdem an.

Es gab einige Radarvectors und nach knapp 11h Flugzeit starteten wir unseren Endanflug. In knapp 2000 Fuß über dem Boden fuhren wir das Fahrwerk aus und setzten die Landeklappen auf 4 (die Endstellung). Die Landing-Checklist wurde gelesen und alles konzentrierte sich auf die bevorstehende Landung.
Plötzlich rief der Lotse ruhig, aber bestimmt: „Lufthansa 577, Go Around“. Wir antworteten „Lufthansa 577, going around“.
Das Durchstarten ist ein Manöver, was man oft trainiert, aber in der Wirklichkeit kaum anwendet. In meiner Fliegerkarriere von jetzt fast 7 Jahren bin ich erst einmal 2-mal durchgestartet.
So setzten wir TO/GA (Vollgas), fuhren nach und nach die Klappen ein und stiegen auf die die vorgegebene Flughöhe. Wir wurden wieder vom Tower zum Anfluglotsen geschickt und entschieden uns, nicht nach dem Grund des Go-Arounds zu fragen, da der Lotse eine Menge zu tun hatte.
Wir checkten unseren Sprit an Bord und kamen zu der Erkenntnis, dass wir noch genug dabei hätten.
Vom Anfluglotsen bekamen wir neue Vektoren und flogen eine größere Platzrunde in 4000 Fuß, um uns dann wieder in ca.20 Meilen Entfernung für einen neuen Anflug einzureihen.
In 3000 Fuß starteten wir unseren neuen Anflug und wurden abermals zum Tower geschickt.
Erneut fuhren wir das Fahrwerk und waren in 1500 Fuß voll konfiguriert und bereit zur Landung. Wir hatten noch ein Flugzeug, ich glaube es war die Lufthansa 723, vor uns, welches gleich landen sollte.

Plötzlich rief der Lotse „Lufthansa 723 Go Around“. Auch er antwortete und startete durch. Wir hatten jetzt noch knapp 1000 Fuß bis zum Boden.
Der Jumbo, der vor uns durchgestartet war rief den Lotsen und sagte: „We need to land within the next 10 Minutes, otherwise we have to divert to Cologne“. Anscheinend hatte er nicht so viel Sprit dabei wie wir.
Wir erhielten unsere Landefreigabe und in ca. 300 Fuß verschwanden wir im dicken Nebel. Der Flieger landete nicht unbedingt weich, aber auf dem Punkt auf der Bahn 25R. Beim Abrollen meinte der Lotse, das er vorhin bei unserem GO-Around und gerade bei dem Jumbo Radarechos auf dem Schirm hatte und nicht anders konnte. Wir bedankten uns für diese Information und rollten zur Parkposition.

So ging ein aufregender Flug zu Ende und wir alle merkten, wie die Anspannung an uns abfiel und ein 12h Flug doch ganz schön anstrengend sein kann.

Die Bilder von hier könnt ihr auch in der Bildergalerie kommentieren. Habt Ihr vielleicht ähnliches oder noch besseres erlebt oder wollt auch was zum Thema Fliegerei schreiben? Ihr müsst kein Pilot sein. Wir freuen uns über jedes Thema.




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Sie lesen gerade “Zurück aus Kapstadt mit dem Airbus 340-600”, geschrieben von tomso.
Veröffentlicht:
Am 19:24 um 19:24 Uhr

Kategorie Flugberichte

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